Das Rittergut

Trotz aller Not konnten sich die Bauern noch glücklich preisen, nicht die Jahrhunderte alten Lasten, die ein Rittergut im Orte brachte, tragen zu müssen.

Seit 1271 hatte das Naumburger Georgenkloster mit einem Sattelhofe oder Forwerk in Großjena festen Fuß gefaßt. Nach Auflösung des Klosters belieh der Kurfürst 1548 seinen Oberforstmeister Hans von Wilbrecht mit dem Sattelhofe als einem freien Ritterlehngute. Als Sühne für die Erschießung des Bauern Hans Günther wurden Wilbrecht 38 Taler Strafe auferlegt, die er verzinste, und die schließlich von dem Nachbesitzer Loth abgetragen wurden.
Auf H. v. Willbrecht folgten seine Nachkommen. Von diesen kam es an Hans von Sandersleben und darauf an den Bürgermeister Sixtus Braun, der es in ein freies Erblehngut umwandeln ließ, um es seinem Schwiegersohne Hieronymus Loth vererben zu können. Von diesem kam es 1648 an den Schwiegersohn Loths, den “Materialisten” und Kämmerer Joh. Frauendorf (+ 1651), da Loths Sohn in der Schlacht bei Lützen gefallen war. (Er soll in Großjena begraben sein.) Die Besitzer wechselten nunmehr häufig. Es folgten kurze Zeit als Pächter oder Verwalter der Major Thomas Walschowsky, Christian Haufen und dessen Schwiegersohn Raspe, darauf 1670 als Besitzer der sächs-weißenf. Landkammerrat Hoffmann. 1720 erwarb das Gut der Oberlandstallmeister von Streitwitz aus Eisenach, darauf dessen Erben, insonderheit 1757 Geheimrat Wilhelm v. Heerder, dann 1799 Minister v. Hopfgarten, der die Wirtschaftsgebäude neu erbaute. Von diesem kaufte Kammerrat Loß das Gut und errichtete an Stelle des bei dem französischem Rückzuge von Leipzig 1813 abgebrannten baufälligen Hauses ein neues Wohngebäude.
Die wenigen Frondienste des Klostergutes machten den Bauern nicht viel zu schaffen. Als dann 1548 der Sattelhof ein Rittergut wurde, war die Zeit vorbei, den Bauern neue Lasten aufzubürden. Die meist bürgerlichen Rittergutsbesitzer hüteten sich auch, Streitfälle mit den Ortseingesessenen heraufzubeschwören. Wo es geschah, stritten die Bauern für ihr gutes Recht, und der Gutsbesitzer mußte oft nachgeben, seitdem die Gemeinde 1588 die Schäferei mit allen Gerechtsamen vom Kurfürsten käuflich erworben hatte. (I, 159.) Das Rittergut in Großjena aber nahm seit seiner Zeit niemals wieder eine führende Stelle als Dorfbehörde oder Diensthaus für die Bauern ein. Es behielt wohl den Namen als Repräsentation, hatte aber im übrigen keinen oder nur geringen Einfluß auf die soziale Stellung der Bauern.
Trotz aller Armut und Dürftigkeit blieben die Großjenaer Bauern freie Männer, bis das Morgenrot der neuen Zeit nach den Freiheitskriegen die letzten Fesseln ständischer Bevormundung sprengte.